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Let’s bank
von Andrés Senra

Let’s bank by Andrés Senra

Die aktuelle Wirtschaftskrise und die Finanzprobleme, mit denen Spanien zu kämpfen hat, haben zu Ereignissen wie der Verstaatlichung von Bankia und der darauffolgenden Spekulation der Märkte geführt. Um Bankia zu verstaatlichen, zu „retten“, wurden bekanntlich 23 Milliarden Euro öffentliche Gelder aufgewendet, während gleichzeitig die Kürzungen in Gesundheits- und Schulwesen einem Privatisierungsprozess Vorschub leisten und die Verschlechterung der Qualität dieser öffentlichen Dienste mit sich bringen, durch die die im Wohlfahrtsstaat erworbenen Rechte beschnitten werden.Im Zuge dieses Prozesses der Refinanzierung und wirtschaftlichen Anpassung der Banken werden tausende von Bankfilialen geschlossen. 

Geschlossene Bankfilialen: Neue Chancen für Franchising*

Dienstag, 14. Juli 2009.

Die bevorstehende Schließung tausender Bankfilialen gibt Unternehmern die Gelegenheit zum Kauf oder zur Anmietung dieser Räume für ihre Geschäfte.(.)

*(http://www.tormo.com/noticias/22413/)

 

Das Projekt, das ich präsentiere, besteht in der Durchführung verschiedener Interventionen an Fassaden geschlossener Bankfilialen. Die Fassaden der Filialen wurde in einigen Fällen mit Werbeplakaten beklebt, in anderen mit Protestgraffiti besprüht oder, wie im Bahnhof Atocha, abgesehen vom Zumauern der Geldautomaten, unverändert gelassen. Die von mir vorgeschlagenen site-specific-Interventionen eignen sich bestimmte Elemente der Fassade einer geschlossenen Filiale an, indem sie Fragmente der in der spanischen Verfassung beschriebenen Grundrechte und Sätze, die auf utopische und paradiesische politische Räume verweisen, mimetisch in sie einbauen. Ich möchte damit den utopischen Charakter deutlich machen, der den verfassungsmäßigen Grundrechten durch die Realität der Märkte zugewiesen wird.

Die Interventionen sind von flüchtiger Dauer und verwenden leicht anzubringende und zu entfernende Materialien wie Papier, Aquarellfarben, Plakate und Projektionen. Die folgenden Sätze sind den Grundrechten der spanischen Verfassung entnommen:

Die Rechte auf literarische, künstlerische, wissenschaftliche und technische Produktion und Kreation werden anerkannt und geschützt.

Die Bürgerinnen und Bürger haben das Recht, auf öffentliche Angelegenheiten direkt einzuwirken.

Der Staat garantiert das Recht aller auf Schulbildung.

Der Staat sorgt für die Herstellung von Bedingungen, die den sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt und die möglichst gerechte Verteilung der regionalen und persönlichen Einkünfte im Rahmen einer Politik der wirtschaftlichen Stabilität befördern.

Die Politik des Staates hat die Vollbeschäftigung anzustreben.

Der Staat garantiert die Verteidigung der Verbraucher und Benutzer, indem er mit wirksamen Verfahren deren Sicherheit, Gesundheit und rechtmäßige wirtschaftliche Interessen schützt.

Jeder Spanier, jede Spanierin hat das Recht auf eine angemessene und würdige Wohnung.

Der Staat sorgt für die notwendigen Bedingungen und Vorschriften, um dieses Recht wirksam zu machen, indem die Bodennutzung im Sinne des Gemeininteresses geregelt wird, um Spekulationen zu unterbinden.

Der Staat unterhält eine öffentliche Sozialversicherung für alle Bürger, die im Notfall die erforderlichen sozialen Hilfen und Leistungen erbringt.

Es ist Sache der Behörden, die öffentliche Gesundheit mithilfe geeigneter vorbeugender Maßnahmen, Dienste und Leistungen zu organisieren und zu überwachen.

Sätze für Interventionen mit Buchstaben aus Styropor: Wir werden niemals krank. Ich lebe ohne Geld. Niemand entscheidet für mich. Ich frühstücke im Bett. Die Tage vergehen ohne Sorgen.

sucursal Atocha
sucursal carretas

Andrés Senra: Mein Werk der letzten Jahre entwickelt eine Reflektion über die Konstruktion der Identität in der heutigen Welt, nicht nur aus individueller Sicht, sondern auch unter Berücksichtigung der Beziehungen, die in einem sozialen Umfeld entstehen. Diese Arbeitslinie habe ich mit anderen Fragen kombiniert, wie der Notwendigkeit oder dem Scheitern der Utopie. Meine Stücke werden von aktuellen Darstellungen beherrscht, die politische und soziale Situationen, daneben aber auch emotionale Konflikte zum Gegenstand haben, die auf das Persönliche als Schaffensquelle verweisen. Die site-specific-Arbeiten präsentieren eine Art und Weise, den Raum als Metapher zu verstehen, ihn zu verändern oder zu zweckentfremden, um teilweise irreale oder absurde Situationen herbeizuführen. Meine jüngsten Werke sind besonders im öffentlichen Raum entstanden; die mit „plaza solución“ und „vox populi“ zusammen mit Diana Larrea verfolgte Absicht war das Aufbrechen der Hinweise, die wir in unserem täglichen Leben von den Mächtigen erhalten, um die kommunikative, kritische und konstruktive Fähigkeit der Sprache im Rahmen des gemeinschaftlichen Zusammenlebens vor Augen zu führen. http://andressenra.com/2011/plazasolucion.html. Diese Interventionen unterwandern die städtische Umwelt mit ihrer Zweideutigkeit und machen sich unbemerkt im Gelände breit, wie eine Art Unordnung, die die Grenzen des offiziellen Codes auf die Probe stellt.

Das Goethe-Institut und die übrigen Projektpartner übernehmen keine Verantwortung von den getätigten Aussagen der Künstler in ihren jeweiligen Projekten.